Januar 2011

Elektronische Archivierung Ein mutiger Schritt in die Zukunft

Publikation Download

Kennen wir es nicht alle? Der Stapel der zu archivierenden Unterlagen wird immer grösser, die Zeit diese ordentlich zu bearbeiten ist gering, die Regale und Archivräume sind voll. Die Archivierung ist mühsam und unbeliebt. Die elektronische Archivierung bietet uns heute eine Möglichkeit, interne Abläufe nachhaltig zu optimieren und uns den Alltag zu erleichtern. Wie weit sind wir noch vom papierlosen Büro entfernt?

Seit je her werden Dinge aufbewahrt. Der Mensch tut sich meist schwer, sich von etwas zu trennen. Deshalb bringt er alles Mögliche irgendwo unter. Ist dann der Platz auf dem Estrich, im Keller und in der Garage aufgebraucht, landet vieles auf dem Flohmarkt oder im Abfall. So ähnlich läuft es auch in manch einem Betrieb ab. Hier gestaltet sich die Entsorgung allerdings nicht ganz so einfach wie zuhause. Durch gesetzliche Vorschriften sind Unternehmen verpflichtet, gewisse Unterlagen während gesetzlich vorgegebenen Fristen aufzubewahren.

Ist nun eine Archivierung in digitaler Form statt konventionell in Aktenordnern, Schränken und Regalen die Lösung des Problems? Wie realistisch ist das Büro ohne Papier? Die Treuhand Marugg + Imsand AG hat im Jahr 2007 den Entscheid gefasst, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Initiative hat sich gelohnt. Heute werden die Dokumentationen unserer wesentlichsten Arbeitsschritte digital archiviert. Gerne teilen wir unsere Erfahrungen mit Ihnen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Wer sich mit dem Thema Archivierung auseinandersetzt, muss sich den rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein. In verschiedenen Gesetzten, Verordnungen und Handbüchern werden die Bedingungen festgelegt. Die wesentlichsten dabei sind das Obligationenrecht (OR) und die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV).

Bei der elektronischen Archivierung müssen bei den Buchführungsvorschriften die spezifischen Voraussetzungen der GeBüV erfüllt werden. Nur so erlangen die elektronischen Dokumente dieselbe Beweiskraft wie Papierdokumente.

Gesetzliche Grundlagen zur Archivierung

Wer?
Zur Aufbewahrung seiner Bücher ist grundsätzlich verpflichtet, wer sich im Handelsregister eintragen lassen muss.

Was?
Das OR sowie die GeBüV verlangen die Aufbewahrung folgender Dokumente:

  • Geschäftsbücher
  • Buchungsbelege
  • Geschäftskorrespondenz (z.B. E-Mails)

Wie lange?
Geschäftsbücher, Buchungsbelege sowie Geschäftskorrespondenz sind grundsätzlich 10 Jahre aufzubewahren (Art. 962 OR). Andere Gesetzgebungen sehen aber teilweise längere Aufbewahrungsfristen vor wie z.B.

  • die mit Immobilien zusammenhängenden Geschäftsunterlagen sind während 20 Jahren aufzubewahren. In Spezialfällen sogar bis zu 25 Jahren!
  • Verlustscheine aus Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren sind ebenfalls 20 Jahre aufzubewahren!

In welcher Form?
Gemäss OR und GeBüV ist die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher, Buchungsbelege und Geschäftskorrespondenz in schriftlicher, elektronischer oder vergleichbarer Weise zulässig, soweit die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Betriebsrechnung und Jahresbilanz sind aber in jedem Fall in Papierform und mit Originalunterschrift aufzubewahren. (Art. 957 OR)

Integrität

Um zu verhindern, dass die Beweiskraft der archivierten Dokumente infrage gestellt wird, muss deren Integrität während der gesamten Aufbewahrungsdauer sichergestellt werden. Wie bei der Archivierung in Papierform, sieht das Gesetz auch bei der elektronischen Archivierung keine absolute Unabänderbarkeit der archivierten Daten vor. Voraussetzung ist aber, dass festgestellt werden kann, ob das Dokument nachträglich geändert wurde.

Art. 9 GeBüV erlaubt neben der Archivierung auf so genannten unveränderbaren Datenträgern auch den Einsatz von veränderbaren Speichermedien. Allerdings muss im letzteren Fall durch zusätzliche technische Massnahmen sichergestellt werden, dass die Integrität der gespeicherten Daten erhalten bleibt. Empfehlenswert ist hier der Einsatz einer sogenannten digitalen Signatur, welche den Zeitpunkt des Speicherns wiedergibt und den Nachweis über eine nachträgliche Änderung des Dokuments erbringen kann.

Das Projekt

Nachdem sich eine Unternehmung über die rechtlichen Anforderungen im Klaren ist, können die Bedürfnisse an das Archivierungssystem festgelegt werden. Es empfiehlt sich die Arbeitsprozesse im Alltag kurz aufzulisten und sich die Frage zu stellen, bei welchen Abläufen ein elektronisches Speichern möglich ist und wo es auch Sinn machen kann. Die Archivierung gestaltet sich in jedem Unternehmen unterschiedlich. Je nach Branche und Tätigkeit bestehen verschiedene Anforderungen an das jeweilige Archivierungssystem. Bei unserem Projekt wurden damals u.a. folgende Bedürfnisse definiert, welche wir in dieser Form generell anderen Firmen weiterempfehlen können:

  • Dokumente sollen unveränderbar archiviert werden
  • Keine Dokumente dürfen beim Archivierungsvorgang gelöscht werden
  • Keine Dokumente dürfen verloren gehen
  • Alle Dokumente sollen schnell und unkompliziert wieder auffindbar sein
  • Die Archivierung soll plattformunabhängig sein.
  • Sämtliche rechtlichen Rahmenbedingungen sollen eingehalten werden.

Sind die in Frage kommenden Bereiche nun gefunden und die Bedürfnisse und Ziele definiert, stellt sich die Frage, wie diese auch befriedigend umgesetzt werden können.

Als Hilfe zur elektronischen Archivierung stehen verschiedenste Softwarelösungen zur Verfügung. Wie wir bei unserem Projekt feststellen konnten, ist jedoch die Anschaffung einer Software nicht zwingend notwendig. Wir haben uns damals bewusst gegen eine Softwarelösung und für eine Archivierung im Windows-Explorer entschieden. D.h. die zu archivierenden Daten werden auf einem Laufwerk gespeichert, zu welchem sämtliche Mitarbeiter Zugriff haben. Damit die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, werden die Dokumente mit einer digitalen Signatur versehen und entsprechende Protokolle erstellt. Weiter wurden die Archivordner geschützt, damit diese und die sich darin befindenden Archivdokumente nicht gelöscht, umbenannt oder verschoben werden können. Mit Hilfe unseres Informatikpartners konnte so eine einfache und kostengünstige Lösung gefunden werden. Durch ein Handbuch zur Archivierung werden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar geregelt. Durch einfache Wegleitungen stellt die Archivierung für einen neuen Angestellten von Beginn an absolut kein Problem dar.

Seit 2008 werden bei der Treuhand Marugg + Imsand AG sämtliche Kundenbuchhaltungen (Bilanz, Erfolgsrechnung, Kontoblätter, Buchungsjournale etc.), MWST-Dokumentationen (Abrechnungen, Journale, Umsatzabstimmungen etc.) und Steuererklärungen inklusive Beilagen elektronisch archiviert. Der Ausbau auf weitere Gebiete ist in Bearbeitung.

Nach den Erfahrungen der letzten Jahre haben sich für uns folgende Vorteile herausgestellt:

  • Erhebliche Reduktion der Papierflut
  • Schnellerer Datenzugriff und bessere Wiederauffindbarkeit von Daten 
  • Übersichtliche Strukturen der Archivakten
  • Weniger Zeitaufwand beim gesamten Archivierungsprozess
  • Vermeidung von zusätzlichen Fixkosten für Archivflächen
  • Transparenz durch Dokumentation von Zugriffen und Aktenwegen
  • Mehr Sicherheit vor Naturgefahren wie z.B. Wasser, Feuer etc.
  • Kostenersparnis (Büromaterial etc.)

Unsere Angestellten sind zufrieden, die mühsame Archivierungsarbeit von früher konnte erheblich vereinfacht werden. Auch unsere Kundschaft profitiert davon. Benötigt ein Kunde ein bei uns archiviertes Dokument (z.B. eine Steuererklärung aus der Vergangenheit), so können wir ihm dieses umgehend elektronisch zur Verfügung stellen.

Wie können wir Sie bei der Umsetzung unterstützen?

Prozessanalyse
Wir analysieren Ihre bestehenden Prozesse und prüfen diese hinsichtlich der geltenden rechtlichen, steuerrechtlichen und revisionstechnischen Anforderungen. Wir zeigen mögliche Problemfelder auf und bieten Lösungen.

Evaluation neuer Abläufe
Wir begleiten Sie bei der Einführung der neuen Prozesse und teilen unsere Erfahrungen mit Ihnen. Wir unterstützen Sie bei der Ausarbeitung von Weisungen zur Archivierung. Wir unterstützten Sie, Ihre internen Prozesse zu optimieren uns so die Produktivität und Sicherheit zu erhöhen.

Fazit

Befasst man sich mit dem Thema elektronische Archivierung, wird schnell klar, dass ein Büro gänzlich ohne Papier aus heutiger Sicht utopisch bleibt. Durch die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen kann jedoch erheblich Papier gespart werden und die Umwelt so zu einem kleinen Teil entlastet werden. Wird die Umstellung zur  elektronischen Archivierung gut geplant, die Mitarbeiter entsprechend geschult und die Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar definiert, kann ein Unternehmer nachhaltig Platz, Zeit und Kosten einsparen sowie eine optimale Sicherheit der archivierten Dokumente gewährleisten.

Jean-Christoph Lehner

Niederlassungsleitung
Dipl. Treuhandexperte
Treuhänder mit eidg. Fachausweis
Mitglied des Kaders

jean-christoph.lehner@trmi.ch